Der Ende März in Rösrath abgehaltene Bundeskongress des Schachbundes NRW hat für das System der Mannschaftsbildung im Rahmen der NRW-Mannschaftsmeisterschaften eine wichtige Neuerung erbracht. Für alle Spielklassen auf NRW-Ebene (NRW-Oberliga, NRW-Liga in 2 Gruppen, NRW-Klasse in 4 Gruppen) und beginnend mit der Spielzeit 2025/26 wird das aus der Bundesliga bekannte sog. Kadersystem mit festen Mannschaftskadern eingeführt. Das bisherige sog. Ranglistensystem mit Ersatzstellung aus tieferen Mannschaften wird damit auf NRW-Ebene abgeschafft.
Betroffen von dieser neuen Regelung sind aus dem Schachbezirk Bonn/Rhein-Sieg zunächst drei Vereine bzw. vier Mannschaften. Der Godesberger SK ist mit zwei Mannschaften auf NRW-Ebene vertreten, aktuell in der NRW-Oberliga und in der NRW-Klasse 4. Die VdSF Bonn spielt in der NRW-Liga 1. Der SC Bonn/Beuel ist aktuell in der NRW-Klasse 4 aktiv, mit sehr guten Aufstiegschancen in die NRW-Liga. Hinzukommen könnte noch die aktuell in der Regionalliga aktive SG Siebengebirge. Sie hat bei noch einem verbleibenden Spieltag gute Chancen, zur nächsten Saison in die NRW-Klasse aufzusteigen.
Während in den genannten Mannschaften bislang im Laufe der Saison vorher nicht festgelegte Ersatzspieler aus unterklassigen Mannschaften desselben Vereins zum Einsatz kommen durften, wird diese sog. Ersatzstellung auf NRW-Ebene künftig wegfallen. Stattdessen gilt ab dem Herbst Folgendes:
- Der gesamte Kader einer Mannschaft muss vom Verein bereits zu Saisonbeginn – Meldetermin: 1.8. – abschließend festgelegt werden. Angetreten wird weiterhin mit jeweils 8 Spielern. Eingesetzt werden dürfen künftig aber nur noch die Spieler aus dem festgelegten Kader. Dieser setzt sich aus maximal 18 bzw. 20 Spielern zusammen. Von diesen sind 8 Stammspieler und 10 bzw. 12 sog. Stammersatzspieler. Die Erweiterung des Kaders auf die Stärke von 20 Spielern insgesamt (mit 12 Stammersatzspielern) ist dann möglich, wenn in dieser Mannschaft zwei U20-Spieler gemeldet werden.
- Für die 10 bzw. 12 Stammersatzspieler einer Mannschaft gilt: Sie dürfen zugleich in einer tieferen Mannschaft des Vereins gemeldet werden und dort Mannschaftskämpfe bestreiten. Hierbei sind mit tieferen Mannschaften – soweit ersichtlich – nicht nur tiefere Mannschaften gemeint, die auf Verbands- oder Bezirksebene aktiv sind, sondern auch weitere Mannschaften eines Vereins, die in einer tieferen NRW-Spielklasse spielen. In der tieferen Mannschaft kann der Stammersatzspieler dann allerdings nur Stammspieler, nicht ein zweites Mal Stammersatzspieler sein.*
- Nachdem ein solcher Stammersatzspieler an drei Spieltagen in einer Kader-Mannschaft eingesetzt worden ist, hat er sich in dieser (höheren) Mannschaft „festgespielt“, und darf für den Rest der Saison nicht mehr in der anderen (tieferen) Mannschaften eingesetzt werden. Dabei gelten in der NRW-Oberliga die an mehreren aufeinander folgenden Tagen gespielten Mannschaftskämpfe als ein Spieltag.
- Für die 8 Stammspieler einer Kader-Mannschaft gilt: Sie dürfen nicht zugleich in einer tieferen Mannschaft gemeldet werden, wohl ist es aber möglich, sie in einer höheren Mannschaft desselben Vereins als Stammersatzspieler zu melden.
- Die beiden U20-Spieler, die den Kader von 18 auf 20 Spieler erhöhen können, dürfen in der Rangfolge der Kader-Mannschaft an beliebiger Stelle gemeldet werden und sind dann – soweit ersichtlich – entsprechend ihrem Platz in der Rangfolge entweder als Stamm- oder als Stammersatzspieler zu behandeln.
Dies sind die sich unmittelbar aus § 10 Bundesturnierordnung i.V.m. § 2.1 Allgemeine Spielordnung NRW n.F. ergebenden Änderungen. Wie sich die Neuregelung im Einzelnen auf den Spielbetrieb auswirken wird, muss sich zeigen. Ein Gewinn, der unmittelbar ins Auge fällt, liegt sicherlich darin, dass durch die Sonderregel für U20-Spieler ein starker Anreiz für die Vereine gesetzt wird, ambitionierte Jugendspieler in ihre NRW-Mannschaften aufzunehmen. Darüberhinaus werden jüngere Spieler, die gerne viel spielen, indirekt auch dadurch gefördert, dass sie in zwei Mannschaften gemeldet werden können und sich dabei die Gesamtzahl möglicher Einsätze im Vergleich zum bisherigen System erhöht.
Ansonsten werden von der Neuregelung vermutlich auch die allgemein aktiveren, regelmäßig einsatzbereiten Spieler einer Mannschaft profitieren. Mit Blick auf Gelegenheitsspieler, die nur selten oder gar nicht mehr spielen können, aber ihrer früheren Mannschaft noch verbunden bleiben wollen, wird sich für die Spielleiter der Vereine wahrscheinlich in dem ein oder anderen Fall die schwierige Entscheidungsfrage stellen, ob die Aufstellung im Kader noch zu rechtfertigen ist. Für die Mannschaftsführer wird das Kadersystem demgegenüber vermutlich zu einer Entlastung führen. Denn die Aufgabe, Ersatzspieler für die Mannschaft in Betracht zu ziehen, stellt sich künftig nicht mehr in jeder Runde auf’s Neue, sondern muss vom Verein bereits abschließend zu Beginn der Saison gelöst werden. (ms)
Update (5.6.2025): Turnierdirektor Frank Strozewski hat in einem Artikel auf der Webseite des Schachbundes NRW die Ersatzspielerregelung im Kadersystem anhand einiger Beispielsfälle erklärt. Aus diesen wird insbes. ersichtlich, wann ein Spieler aus der tieferen Mannschaft sich in der höheren Mannschaft „festspielt“.
* Diese Aussage stützt sich auf § 10.2 BTO NRW, in dem es a.E. heißt: „Ein Spieler darf nur in einem Mannschaftskader als Stammersatzspieler gemeldet werden.“ Die zweimalige Meldung eines Spielers als Stammersatzspieler ist somit zumindest für NRW-Mannschaften ausgeschlossen. Fraglich ist, ob ein Stammersatzspieler einer NRW-Mannschaft auch als Stammersatzspieler in einer Nicht-Kadermannschaft auf Verbands- oder Bezirksebene gemeldet werden kann. § 10.2 schließt dies nicht explizit aus, jedoch ließe sich nach dem Sinn und Zweck der Regel argumentieren: Wenn schon auf NRW-Ebene gelten soll, dass ein Spieler aus der höheren Mannschaft nicht – durch nochmalige Meldung als Stammersatzspieler – in der tieferen Mannschaft den Wettbewerb verzerren darf, dann sollte dies für eine Meldung als Stammersatzspieler in tieferen Mannschaften auf Verbands- oder Bezirksebene erst recht gelten. (ms)
Update (15.9.2025): Der im Update vom 5.6.2025 erwähnte Artikel ließ bereits den Rückschluss zu, dass der Schachbund NRW auch eine zweimalige Aufstellung als Stammersatzspieler in NRW-Kadermannschaften ermöglichen wollte. In der offiziellen Ausschreibung zur Mannschaftsmeisterschaft 2025/26, datierend vom 18.7.2025, hat der Schachbund jetzt bestimmt, dass die Regelung zur Kaderaufstellung wie folgt gelockert wird: Ein Spieler darf nur in zwei Mannschaftskadern gemeldet werden, dabei allerdings auch zweimal als Stammersatzspieler. § 10.2 BTO NRW soll beim nächsten NRW-Kongress entsprechend geändert werden. (ms)